Vor dem Eingang zog ich den Kragen meiner Jacke hoch, senkte das Kinn und bemühte mich augenblicklich, das Motto der LG Roadshow 2017 – „Stick To The Future“ (Bleib in der Zukunft) – zu befolgen. Mein Plan war teuflisch. Ich nahm mir vor, investigativ zu arbeiten, mich so wenig wie möglich als Journalist erkennen zu geben und allen Beteiligten mal so richtig auf den Zahn zu fühlen.
Drei bildschöne Grazien am Empfangstresen der „Ziegelei 101“ in München, die mich engelsgleich anlächelten, leider aber lediglich meinen Namen erfahren wollten, um diesen dann auf einer Liste abzuhaken, hätten mich beinahe aus dem Konzept geworfen, denn dass junge Damen mir alten Zausel Aufmerksamkeit zuteil werden lassen, kommt eher selten vor. Aber ich will nicht jammern.
Angenehmes Ambiente mit Kaffeehaus-Charme
Ich pirschte mich in der „Location“ vorwärts, um zu checken, wie der Hase läuft. Vornehm gedämpfte Geräuschkulisse, edle Dekorationen, tolle Beleuchtung. Im Zentrum der Halle zahlreiche Tische, an denen entspannt wirkende Leute saßen, die sich ihren Laptops widmeten oder mit Kollegen, Freunden und Bekannten plauderten. Alles Angehörige der großen LG-Familie.
Im Hintergrund röchelnde Kaffee-Maschinen, ein Buffet mit kleinen Snacks und recht viele herum wuselnde junge Menschen im Kellner-Outfit.
Modell W7 als Besuchermagnet
Sozusagen „drumherum“ all das, was man von LG erwartet, wenn man einen spezifischen Blick in die Zukunft werfen will. Die allerneuesten, ultrahoch auflösenden Widescreen-Monitore mit HDR, Dolby-Atmos-Soundbars, sämtliche 4K-TVs und natürlich die zigfach prämierten OLED-Fernseher sowie der brandneue OLED-TV W7 „Wallpaper“, dessen Display nur 2,57 Millimeter tief ist.
Zweifelsohne ein Besucher-Magnet, vor dem sich immer wieder Grüppchen bildeten, die dann von versierten LG-Mitarbeitern „ins Bild gesetzt“ wurden (super Wortspiel, oder?).
Ich schlenderte weiter in Richtung „Signature“-Flatscreens, dort stand ein Herr im gesetzteren Alter, den ich spontan zu meinem Opfer erkor.
Mein erstes Opfer
„LG baut schon die besten Fernsehen, oder?“
Der Fachmann lächelte mitleidig amüsiert und fiel nicht auf meine plumpe Attacke herein.
„So pauschal kann man das nicht sagen, aber wir sind uns schon recht sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Bewertung unserer Produkte bestätigt uns dahingehend immer wieder“.
„Da haben Sie sicherlich recht“, bekundete ich gefällig, um gleich wieder eine neue Falle aufzustellen: „Aber die QLED-Technologie von Samsung oder das neue Sony Backlight-Konzept sind schon auch gut, nicht wahr?“
„Gewiss“.
Der zweite Versuch
Jetzt fängt er an zu motzen, dachte ich mir. Gleich wird er über die ganze miese Konkurrenz herziehen, über „die da oben“ schimpfen und Missstände anprangern. Aber nichts dergleichen passierte. Der Gentleman wünschte mir noch einen schönen Tag und wandte sich anderen Ratsuchenden zu.
In einer Ecke der Halle entdeckte ich eine Kabine, die eigens aufgestellt wurde, um die Leistungsfähigkeit der Dolby-Atmos-Soundbars demonstrieren zu können. Diese Systeme strahlen bekanntlich mit mehreren Lautsprechern nach oben ab, damit der Schall von der Zimmerdecke reflektiert wird. Da es am Veranstaltungsort allerdings keine solche gab, improvisierte LG souverän und brachte einfach ein Mini-Wohnzimmer mit, in dem es gewaltig rumpelte und pumpelte.
Eiskalt abserviert
Nach der Vorführung kam ein bestens aufgelegt wirkender LG-Spezialist heraus, dem man leicht ansah, dass ihm sein Job jede Menge Spaß macht. Auf ihn stürmte ich sogleich zu.
„Nur eine Frage: wenn Ihre Firma schon Samsung mit Panels beliefert, warum nehmt ihr dann nicht einfach die Dolby-Atmos-Soundsysteme von denen in euer Portfolio auf?“
Ich Rindvieh! Voll mit der Tür ins Haus gefallen! Und nonchalant abserviert von einem distinguierten Mann, dem solche Jahrmarkts-Attitüden am Allerwertesten vorbei gingen.
So deutlich drückte er das natürlich nicht aus, als er mir augenzwinkernd versicherte, dass LG durchaus auch auf dem Sektor Beschallung über Alleinstellungsmerkmale verfüge.
Werde ich in die Enge getrieben, kann ich meine Klappe einfach nicht halten.
„Der ganze Zirkus zwischen Samsung und LG, das ist doch nur Theater-Donner! Zwei Firmen aus Südkorea werden wohl kaum das Ansinnen hegen, sich gegenseitig zu zerfleischen. Es ist doch allseits bekannt, dass LG gerade mit Samsung bestens kooperiert“, sagte ich recht laut und blickte mich beifallheischend um.
Das jähe Ende
Der K.O. für mich kam wie aus dem Nichts.
„Das mag schon stimmen, aber wir zählen ja auch aufstrebende deutsche Hersteller wie etwa Loewe zu unseren Kunden und die haben ja erst vor kurzem bewiesen, dass sie mit ihren Konzepten auf einem guten Weg sind, ohne dass man sich gegenseitig auf die Füße tritt“.
Investigativer Journalismus ist eine einzige Plage. Habe ich schon in meinen 30 Jahren als Tageszeitungs-Redakteur gehasst. Der Spruch eines alten Kollegen fiel mir schlagartig wieder ein: „Die schönsten Geschichten werden durch gründliche Recherchen versaut“.
Hut ab vor LG! Tolle Roadshow, pfiffige Ansprechpartner, nette Mädels, keine bösen Worte, Toleranz selbst nervensägenden alten Herren gegenüber.
Was haben sie anderes erwartet bei diesen plumpen Fragen.