Kennen Sie die mittlerweile arg angestaubten „goldenen Radioregeln“, die im „Radiokalender 1928“ veröffentlicht wurden? Eher nicht, gell? Lassen Sie es sich gesagt sein: damals wurden Service und Sorgfalt noch groß geschrieben! So empfahl man beispielsweise,  Freunde nur dann zu einer Rundfunkübertragung einzuladen, wenn „man seinen Apparat in Ordnung wusste“.

„Sorge dafür, dass auch von Deinen Angehörigen der Apparat bedient werden kann, damit sie gute Programme auch in Deiner Abwesenheit genießen können“, hieß es. Und überhaupt: „Dein Radioapparat soll Dir Erholung und Genuss vermitteln. Setze ihn nur dann in Betrieb, wenn du in der Lage bist, die Darbietungen mit Aufmerksamkeit zu verfolgen“.

Premiere im Berliner Vox-Haus

Hand auf´s Herz: heute gehen wir mit Radio-Empfängern wesentlich lässiger und eigentlich gar nicht mehr gewissenhaft um. Wozu auch? Seit dem 29. Oktober 1923, als in Deutschland erstmalig Mitteilung gemacht wurde, „dass der Unterhaltungs-Rundfunk mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlostelefonischem Wege beginnt“, hat sich eine Menge getan. Die „Modetorheit Rundfunk“ nahm im Berliner Vox-Haus ihren Anfang und entwickelte sich nach einem zögernden Start zum absoluten Renner.

Gab es zum Start nicht einen einzigen, so hatte man Ende 1923 immerhin 467 zahlende Hörer verbucht. Zum 1. Januar 1925 waren bereits 500.000 Radiofans registriert und zum Ende des gleichen Jahres hatte man die Millionengrenze überschritten.

Zentraler Sender im Deutschen Reich

Parallel zur Hörerentwicklung vergrößerte sich die Zahl der Rundfunkanstalten sprunghaft: Bereits 1924 gestalteten Sender in Leipzig, München, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, Breslau, Königsberg und Münster eigene Programme.

Als erster zentraler Sender des damaligen Deutschen Reiches entstand 1926 die Deutsche Welle. Im gleichen Jahr gab sich der deutsche Rundfunk unter seiner Dachorganisation, der Reichs-Rundfunkgesellschaft (RRG), öffentlich-rechtlichen Charakter. Ab 1932 griff die Politik drastisch in das Geschehen ein und 1933 kam der Volksempfänger in die guten Stuben. 1934 waren fünf Millionen Hörer registriert. Deren Anzahl erhöhte sich bis 1943 auf 16 Millionen.

Besatzungsmächte machten alles neu

1945, als der Zweite Weltkrieg endlich ein Ende gefunden hatte, eröffneten unter Aufsicht der Besatzungsmächte die ersten Rundfunk-Stationen neu. 1948 gingen diese als Landesrundfunkanstalten des öffentlichen Rechts in der BRD in deutsche Obhut über. Die Funkhoheit blieb allerdings in Deutschland bis 1955 und für Berlin bis 1958 bei den Siegermächten.

Ein schnuckeliges Siemens-Radiogerät aus dem Jahre 1923.

Ab 1949 wurde die Ultra-Kurzwelle (UKW) aktiviert. Dies bescherte dem Radio einen Qualitätssprung mit deutlich besserer Klangqualität. Die Übertragung über UKW verwendet die so genannte Frequenzmodulation (FM), die gegenüber der bis dahin ausschließlich verwendeten Amplituden-Modulation (AM) auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle die Radiosignale mit weniger Störungen und besserem Frequenzgang überträgt.

Links + Rechts = Stereo

Seit August 1963 gibt es in der BRD Stereo-Radio. Die Stereophonie überträgt zwei nach links und rechts getrennte Tonsignale für eine bessere räumlich Ortung der Schallquellen. Zur Eröffnung der Funkausstellung 1963 galt die Devise „Stereo – weil der Mensch zwei Ohren hat“. Das Eröffnungskonzert aus dem Großen Sendesaal im Haus des Rundfunks in Berlin wurde live übertragen.

1972 folgten erste Experimente mit der Verkehrsfunk-Senderkennung, dem Vorläufer des heutigen TMC (Traffic Message Channel), mit dessen Hilfe Navigationsgeräte Autofahrern bei Staus alternative Routen empfehlen.

Der Kunstkopf zum 50. Jubiläum

1973, zum 50-jährigen Jubiläum des Rundfunks, waren auf der IFA Vorführungen in Kunstkopfstereophonie ein Höhepunkt. 1979 wurden Pläne zur Neuordnung des Rundfunks in der BRD vorgestellt, die erstmals auch private Rundfunk-Betreiber vorsahen.

1980 begannen Versuche zur Radioausstrahlung mit digitaler Codierung. 1982 erlebte der digitale Satelliten-Hörfunk seine Premiere. Die ersten privaten Radioprogramme waren 1984 Bestandteil der Kabel-Pilotprojekte.

Laufschrift auf dem Display

1988 konnte der Zuhörer sogar sehen, was er hört: Das Radio-Daten-System RDS machte dies möglich. Später kam der Radiotext hinzu: kurze Laufschriften auf dem Display des Empfängers vermitteln bei geeigneten Geräten zusätzliche Informationen.

Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es neben den analogen Ausstrahlungen auch digitales Radio – terrestrisch, über Satellit und im Kabel. Mittlerweile ist die Hörfunk-Verbreitung über das Internet und Streaming-Dienste eine Selbstverständlichkeit. Ein wachsendes Angebot Internet-tauglicher Empfänger bringt tausende von Radiostationen aus aller Welt zu Gehör.

Der neue Digitalstandard DAB+

Am 1. August 2011 gingen erstmals deutschlandweit Programme nach dem Digitalstandard DAB+ auf Sendung. Dieses Übertragungsverfahren arbeitet mit einer moderneren, effizienteren Ton-Kodierung, um Übertragungskosten zu verringern und bei gleicher Klangqualität mehr Spielraum für eine deutlich größere digitale Programmvielfalt zu bieten.

Stabiler Empfang des Senders im bundesweiten Sendegebiet ohne Rauschen und Knistern, eine Klangqualität, die sich mit der CD messen kann und vor allem ein digitaler Dienst zur Verkehrslenkung, der weit über die Möglichkeiten des über UKW verbreiteten Verkehrsdatendienstes hinausgeht sind die Vorteile von DAB+.

Radio noch immer ein Hit

Aktuell werden pro Jahr mehr als sechs Millionen Radiogeräte unterschiedlichster Ausstattung verkauft und die Bürger in Deutschland hören im Schnitt über vier Stunden Radio pro Tag. Die Programmanbieter erreichen mehr als 60 Millionen Hörer täglich – die einstige „Modetorheit“ erfreut sich also immer noch großer Beliebtheit.

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