Werte Leidgenossen da draußen, die ihr wie der Schreiber dieser Zeilen auch an den Folgen jenes teuflischen, hochauflösenden Virus leidet, das nach einmaliger Infektion nimmermehr Ruhe und Zufriedenheit im vegetativen Nervensystem einkehren lässt. Es ist doch so: kaum sinkt man nach des Tages Mühe und Last zufrieden in den heimischen Fernseh- oder Kinosessel und geriert eine saftige Endorphin-Ausschüttung in der Birne, weil man gar so viel Freude an 4K-TV, Blu-Ray-Player, Lautsprechern und 7 bis 9-Kanal-AV-Receiver hat, da erfährt man über Gottes verschlungene Pfade oder spezifische Medien wie Ultra HDTV.net, dass es schon wieder Besseres, nie dagewesenes gibt!
Dolby-Atmos heißt eigentlich „7 + 4 + 1 oder 2“
O.K. Dolby-Atmos ist jetzt nicht mehr soo neu und etliche Zeitgenossen haben sich – leise resignierend – bestimmt damit abgefunden, dass man „vernünftig“ sein und mit der Anschaffung eines neuen Verstärkers unter Umständen noch ein wenig warten muss, wenn man diesbezüglich erst kurz zuvor aufgerüstet hat. Aber dass just in diesem Moment aufkommender Depression „der Japaner“ wieder einmal beweist, dass er nicht schläft und kurz vor dem Jahresende AV-Receiver mit sage und schreibe elf Kanälen auf den Markt wirft, grenzt an pure Provokation!
Freilich ist das viel gepriesene „immersive“ Klangerlebnis Dolby-Atmos auch recht salopp mit zwei zusätzlichen „Höhenlautsprechern“ auf Linie der Front-Boxen möglich. Aber hinten in der Bude, über den Surround-Lautsprechern, tut sich wenig bis nix und das nimmt dem maximal möglichem akustischen Gesamteindruck enorm viel weg. Ja Ja. Man kann sich für 1500 Euro den Soundbar von Samsung kaufen, der drahtlos zwei hinter dem Sitzplatz justierte Schallwandler anfunkt, die nicht nur nach vorne, sondern auch nach oben strahlen.
Zwei Dickschiffe mit elf Kraftwerken an Bord
Teufel hat gar ein teilaktives 5.1-Set im Angebot, in dessen edlen Aluminiumsäulen nach oben gerichtete Lautsprecher sitzen – also wo ist das Problem? Lasst es mich so beschreiben: am Horizont tauchten unvermittelt nagelneue Dickschiffe von Denon und Onkyo auf, die mit elf mächtigen Kanälen an Bord herkömmliche Dolby-Atmos-Konstellationen über die Reling kippen und in einem Fall sogar zwei Subwoofern den Zugang zum Maschinenraum gestatten!
Ich krieg schon wieder Pickel! Ein Blick auf die Denon-Sahneschnitte AVR-X6300H genügt und das Fieber ist wieder da. Die hauseigene, selbstverständlich integrierte HEOS-Technologie macht aus dem schmucken Kästchen ganz nebenbei das Herzstück eines kabellosen Multiroom-Netzwerks für das ganze Haus. Oder fungiert ganz normal als potenter 4K-Ultra-HD Netzwerk-AV-Receiver mit elf Endstufen a´ 205 Watt an 4 Ohm Widerstand, der die Surround-Formate Dolby-Atmos, DTS:X und sogar Auro 3D (nach kostenpflichtigem Update) unterstützt.
Feinste Ausstattung für alle 4K-Aufgaben
Das Ding ist mit acht HDMI-Eingängen ausgestattet, von denen einer bequem über die Vorderseite zugänglich ist, und hat drei HDMI-Ausgänge. Sein Videoverarbeitungssystem erlaubt die Wiedergabe von 4K Ultra HD-Videos bei voller Bildrate (60 Hz), 4:4:4 Pure Color Subsampling und 21:9-Video-Passthrough. 3D „kann“ es ebenfalls, HDR und BT.2020 sind installiert. HDPC 2.2 ist bei allen HDMI-Eingängen Standard, so dass sich auch kopiergeschützte 4K Ultra HD-Inhalte wiedergeben lassen. Upscaling? Sowieso. Preis? 2500 Euro nach Liste. Erhältlich zum Beispiel bei www.elektrowelt24.de. Bemerkenswert ist, dass das 14,5 Kilo schwere Gerät nur 167 Millimeter hoch ist und sich somit problemlos in die meisten Racks integrieren lässt.
Der Onkyo TX-RZ3100 bringt satte acht Kilo mehr auf die Waage und ist mit 325 Millimetern einen ganzen Kopf größer, obwohl seine Endstufen mit 200 Watt an 6 Ohm Widerstand nur geringfügig mehr Power als der Kollege haben. Zur drahtlosen Wiedergabequelle im gesamten Heim wird er – kompatible Lautsprechern vorausgesetzt – durch sein FireConnect-System. Der Dicke schafft es, sieben normale Boxen, vier Höhenlautsprecher und zwei Subwoofer zu befeuern und glänzt mit einer TXH Select2 Plus-Zertifizierung. In puncto HDMI-Eingänge, Signalverarbeitung, HDR, Farbunterabtastung und HDCP-2.2 Kopierschutz befindet er sich auf Augenhöhe mit dem Denon.
Das voluminösere Gehäuse ist vor allem einem speziellen Hochleistungs-Transformator, ebenso exklusiven Audiokondensatoren, einem Trafo für den Bereitschaftsmodus sowie einem wuchtigen Kühlkörper aus stranggepresstem Metall mit einem Lüfter aus Polykarbonat geschuldet. Meiner Meinung nach ein dicker Pluspunkt, denn nichts führt schneller zum Kollaps von Verstärkern als Hitze und mangelnde Belüftung. In der Einstellung „DTS Neutral:X“ werden standardmäßige Mehrkanal-Formate und Upmixes anhand räumlicher Gegebenheiten optimiert, was – nach Herstellerangaben – „ein 3D-Klangerlebnis“ zaubert, „das nah an native DTSX-Quellen herankommt und der Blu-Ray-Sammlung neues Leben einhaucht“. Für das neue Top-Model hat Onkyo einen Preis von 3500 Euro kalkuliert. Muss aber idealo-weise nicht sein.
Vier neue Boxen-Eingänge als Herausforderung
Nehmen wir jetzt mal an, ihr habt ein ähnliches Zauberwesen wie ich zur Frau, das eure Macken kennt und euch erlaubt, elf neue Freunde in eurem Privat-Revier (ich hause komfortabel unter dem Dach unserer Hütte) zu installieren, weil das angeblich immer noch besser ist, als Moped zu fahren, mit den Kumpels hastig kaltes Bier zu trinken und dann zu catchen. Was habt ihr dann? Genau! Die nächste Krise!
Denn wer bisher mit sieben Boxen und einem Subwoofer auskommen musste, verfällt hurtig in dumpfes Brüten und überlegt sich Alternativen zum (zugegeben simpelsten) Neukauf von Schallwandlern. Ich zum Beispiel möchte mich aber auf keinen Fall von meinen JBL 5000ti-Legenden trennen und bin auch mit den Surround-Standboxen „Ultima 40“ von Teufel höchst zufrieden. Der aktive 800-Watt-Tieftöner stammt von Yamaha, die seitlichen Effekt-Lautsprecher heißen „Control One“, kommen ebenfalls von JBL und machen einen verdammt guten Job.
Schon geht’s los! Ich kann jetzt die Unkenrufe förmlich hören. „Darf man nicht machen“. „Unterschiedliche Lautsprecher passen nicht zusammen“. „Kein homogenes Klangbild“. „Nicht aufeinander abgestimmt“. Bla Bla Bla. Man kann nämlich durchaus tolerant sein ein bisschen mischen.
„Mischen“ ist durchaus möglich und effektiv!
Alle modernen, hochwertigen Receiver oder Vollverstärker namhafter Hersteller verfügen über Einmess-Systeme, die in der Lage wären, grobe Scharten auszuwetzen, wenn da welche wären. Meistens müssen sie aber nur hier ein bisschen mehr Dampf machen und dort das Volume zurücknehmen, schon passt es. Natürlich wird es schwierig, wenn Du vorne High-Ender von Canton, Heco, Nubert oder Quadral stehen hast und die Surround-Kulisse billigen Quäkern aus dem Supermarkt überlassen willst – aber wer will das schon? Bestimmt niemand, der sich einen Elfkanal-AV-Receiver gönnt, oder?
Die einfachste Art und Weise, bestehende Boxen-Systeme „upzugraden“ ist, sich sogenannte „Top-Firing-Module“ von Elac (600 Euro), Heco (400 Euro) oder jetzt auch Nubert (600 Euro) zu kaufen. Die legt man einfach auf die vorderen und rückwärtigen Stand-Lautsprecher und fertig ist die Laube. Das Prinzip: die Dinger strahlen den Schall in Richtung Zimmerdecke ab, dort wird er reflektiert und schon spannt man den Regenschirm auf, wenn es im Film wolkenbrüchelt.
Nuberts neues Top Firing-Modul, die „Dolby Atmos Multifunktionsbox“ RS-54 aus der nuLine Baureihe kann auch als kompakte Zweiwege-Box im direktstrahlenden Betrieb verwendet werden. Es handelt sich um einen geschlossenen Zwei-Wege-Kompakt-Lautsprecher, der sowohl liegend (reflexiv) als auch hängend, beziehungsweise stehend (direkt) betrieben werden kann. Aufgrund seiner geschlossenen Ausführung und speziellen Abstimmung ist der nuLine RS-54 auch direkt an der Wand hängend einsetzbar – das wäre mit Bassreflex-Prinzip schwierig.
Preiswerte Alternativen und maßgeschneiderte Top-Firing-Module
Die JBL Control-One ist ein klassischer „Studio-Monitor“, reproduziert demzufolge neutrale Klangbilder, ist enorm pegelfest und kostet offiziell im Zweierpack 180 Euro, inclusive Wand- oder Deckenhalterungen. Optimal, um sie dort zu platzieren, wo sie am wenigsten auffällt und die besten Effekte liefert. Denn dass direkter Schall besser als indirekter akustischer Nebel ist, wird ja wohl niemand bestreiten. Dass das gute Stück auch weitaus günstiger im Beamershop24 erhältlich ist, wird die Kauflust steigern. Echt ein Geheimtipp, ich schwör!
Aus dem gleichen Holz geschnitzt ist die „Ultima 20 MK2“ von Teufel. Paarweise erhältlich für 180 Euro. Im Klang etwas weicher, nicht ganz so analytisch wie die Control-One und damit eine gute Alternative für Musik- und Kinofans, die auf ausgewogene Bässe sowie insgesamt den Gehörgängen „schmeichelndere“ Klangkulissen stehen. Was die Anbringung der Regalboxen an Decken und Wänden anbelangt, wird in Berlin zurzeit „auf Teufel komm raus“ an praktischen Lösungen gearbeitet, denn die Nachfrage nach Dolby-Atmos-Elementen nimmt nach Aussage von Teufel-Pressesprecher Florian Weidhase deutlich zu. Standfüße für die kleine Ultima gebe es schon und für Menschen, die die Anschaffung des Onkyo-Boliden in Betracht ziehen, empfiehlt Weidhase eher die THX-zertifizierten Lautsprecher aus dem System 5.
Wenn´s gar nicht gut aussieht, geht´s auch direkt
Weiter oben im Text habe ich behauptet, dass es keinen Nachteil darstellt, Lautsprecher verschiedener Hersteller zu kombinieren – dabei bleibe ich und lasse schulterzuckend selbst bösartige Kommentare an mir abprallen. Sehr wohl räume ich allerdings ein, dass es möglich ist, dass „zusammengewürfelte“, pragmatische Vielfalt den ästhetischen Gesamteindruck des Hörraumes negativ beeinflussen kann. Anders ausgedrückt: dass ein allzu „buntes“ Boxen-Allerlei oder Kabelkanäle an der Wand unschön aussehen können.
Doch auch zur Vermeidung solcher Krisen will ich mein Scherflein beitragen, indem ich an dieser Stelle kurz und knapp das Wort „Deckenlautsprecher“ in die Tastatur hacke und im Schweiße meines Angesichts eine weitere Verlinkung zu einem empfehlenswerten Händler herstelle. Namhafte Hersteller wie etwa JBL oder Bose bieten jede Menge leistungsstarke Systeme an, die sich in ihrer Umgebung an der Zimmerdecke quasi unsichtbar machen und dem oft strapazierten Begriff „immersives Klangerlebnis“ eine neue Qualität verleihen.
Dass mein Schwiegersohn ein Pfiffikus ist, war mir schon immer klar. Seitdem er allerdings die Zimmerdecke abgehängt und im Zwischenraum etliche Schallwandler platzierte, die eine wunderbare Kino-Atmosphäre schaffen, nenne ich ihn ehrfürchtig nur noch „Meister“ – wenn er nicht da ist.