Nachdem sich deutsche Politiker, vom gemeinen Wähler ebenso zynisch wie herzlos zusammengewürfelt und letztendlich zu einer Groko genötigt, vor kurzem überraschenderweise doch noch dazu entschlossen haben, das Land zu regieren, darf man als technik-affiner Mensch besonders darauf gespannt sein, was die „Digital-Minister“ zu tun beabsichtigen, um die Bundesrepublik aus einem Dornröschenschlaf zu erwecken.
Dornröschenschlaf? In der Tat! Wie Felix Richter als Data-Journalist bei statista.com ausführt, schreitet der Ausbau der nötigen Infrastruktur für die digitale Zukunft hierzulande weiterhin nur schleppend voran. Einer Erhebung des TÜV Rheinland im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zufolge sind vor allem in ländlichen Gebieten nach wie vor viele Haushalte vom schnellen Internet abgeschnitten.
Schnelles Internet die Ausnahme
Wie die oben stehende Grafik von statista verdeutlicht, haben nur 36 Prozent der Haushalte in ländlich geprägten Gebieten die Möglichkeit, einen Internetanschluss mit einer Bandbreite von mehr als 50 Mbit/s zu buchen.
Besonders schlecht ist die Breitbandverfügbarkeit laut BMVI in den neuen Bundesländern, was – wie Richter schreibt – „verheerende Auswirkungen“ haben könnte: Die mangelhafte Infrastruktur verhindere, dass junge Firmen sich in diesen Gegenden ansiedeln, was dazu führen könne, dass strukturschwache Regionen weiter abgehängt werden.
Einer freut sich
„Ich freue mich sehr auf mein neues Amt“, frohlockte der vor kurzem zum Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur erkorene Andreas Scheuer von der CSU. „Ich habe Respekt vor dieser Aufgabe. Das BMVI ist ein echtes Zukunftsministerium und ganz nah vor Ort bei den Menschen. Hier werden die Weichen gestellt für Mobilität, Wirtschaft und Arbeitsplätze“.
Wird also alles gut? Scheuer: „Wir sorgen für Investitionen und Innovationen. Alles, was eine neue Dynamik für Deutschland erzeugt, hat oberste Priorität. Mein Ziel ist es, für noch bessere und gleichwertige Lebensbedingungen im ganzen Land zu sorgen. Das bedeutet: Moderne, saubere, barrierefreie und bezahlbare Mobilität und eine flächendeckende digitale Infrastruktur von Weltklasse“.
„Unambitionierte Ziele“
Auf 100 Deutsche kommen laut aktuellen Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 38,5 Breitbandanschlüsse. Damit belegt die Bundesrepublik den achten Platz im Ranking aller OECD-Staaten und liegt damit in Punkto Breitbandverfügbarkeit sogar vor der Hochtechnologie-Nation Japan. „Zumindest auf den ersten Blick“ schreibt Mathias Brandt von statista.
„In Japan sind nämlich rund 74 Prozent aller Breitbandanschlüsse an Glasfaserkabel angeschlossen. Hierzulande kommen dagegen von 100 Einwohnern nur 0,6 in den Genuss dieser Technologie. Oder anders ausgedrückt: Nur 1,6 Prozent aller stationären Breitbandanschlüsse in Deutschland waren im Juni 2016 mit einem Glasfaserkabel verbunden.
Reichen 50 Mbit/s?
Als wichtigste Ursache für das Fehlen von FTTH/B (Fiber To The Home/Building) identifiziert eine jüngst von der Bertelsmann Stiftung veröffentlichte Studie „unambitionierte nationale Ziele“. Während die EU bis 2020 jeden zweiten Verbraucher mit 100-MBit/s-Zugängen versorgt sehen will, soll in Deutschland laut Breitbandplan der Bundesregierung den Haushalten lediglich eine Download-Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s zur Verfügung stehen.