Vor kurzem veröffentlichten wir an dieser Stelle einen nervenaufreibenden Bericht, in dem sich alles um ein mögliches „Comeback der CompactCassette“ drehte. Wir müssen uns Asche auf die Häupter streuen und eingestehen, dass wir auf den Gefühlen von so manchem Leser herumtrampelten!

Denn es machte sich selbst in blühenden Landschaften Verunsicherung breit. Die Angst um einen verhängnisvollen Schritt zurück in düstere Steinzeit-Epochen wurde spürbar wie kurz nach der Amtseinführung von Donald Trump.

Zurück zum Grammophon?

Wie können wir verstörte Fans der Unterhaltungs-Elektronik trösten und beruhigen, die sich bereits jetzt schon mal vorsichtshalber vor der triumphalen Rückkehr des Grammophons und der Schellack-Platte fürchten?
Müssen wir ihnen raten, Netzwerkplayer, UHD-Blu-rays und Bluetooth-Lautsprecher möglichst schnell zu verhökern, weil es jetzt noch einigermaßen Kohle dafür gibt?

Oder können wir sie beruhigen und ihnen im übertragenen Sinne aufmunternd auf die Schulter klopfen, weil im Prinzip nix passiert ist? Eher Letzteres. Und das ist jetzt nicht einfach so daher gesagt, um Panik im Keim zu ersticken!

Die Platte als Beispiel

Zum Beweis der Richtigkeit unserer These verweisen wir ganz einfach mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Vinylscheibe. Auf die was? Die LANGSPIELPLATTE! Jenen stattlich bemessenen, schwarz glänzenden und mit Rillen versehenen Tonträger, in den Musik mit einem Stichel eingraviert wurde und mit einer Nadel, die im Tonabnehmer eines SCHALLPLATTENSPIELERS steckt, immer wieder zum Leben erweckt werden kann.

Archaisch? Na und! Tausende und Abertausende anspruchsvolle Hörer können nicht falsch liegen, wenn sie selbst im digitalen Zeitalter ein Medium bevorzugen, das beim Abspielen durchaus knacken, rumpeln und knistern kann, intensiv gepflegt und sorgsam aufbewahrt werden will und einfach so zum Mitnehmen zu unhandlich und viel zu empflindlich ist.

Einst das schwächste Glied

Die gute alte Schallplatte aus schwarzem Vinyl wurde mit der Einführung der CD abgeschrieben. Sie galt seinerzeit als das schwächste Glied in der HiFi-Kette und machte einem Silberling Platz, dem jegliche störende Geräusche oder gar technische Schwächen fremd waren.

In eine kleine Nische gedrängt, wurde die LP von einer unerschütterlichen Fangemeinde gehegt und gepflegt, überdauerte zum Erstaunen der Fachwelt alle Digitaltrends und beschert glücklichen Unternehmern, die noch Presswerke ihr Eigen nennen jetzt, hier und heute traumhafte Umsatzzahlen.

Sony presst wieder

Sony will nach fast 30 Jahren Abstinenz wieder in die Schallplattenproduktion einsteigen. Nach einem Bericht des japanischen Asian Review sollen in einem alten Presswerk in der japanischen Präfektur Shizuoka wieder Schallplatten gepresst werden. Sony Music Entertainment hatte die Schallplattenfertigung in Japan 1989 eingestellt, nachdem sich die CD durchgesetzt hatte.

Laut Asian Review hat Sony Music in einem Tonstudio in Tokio Anlagen für die Master-Produktion installiert. Von diesen Master-Scheiben werden später die Kopien im Presswerk hergestellt. Allein in Deutschland wurden im Jahr 2016 3,1 Millionen Platten verkauft. In USA waren es rund 17,2 Millionen Platten, in Großbritannien sollen zeitweise sogar mehr Platten als CDs verkauft worden sein. Die meisten Käufer sind mitnichten aus der Generation Ü50: In den USA waren 70 Prozent der Schallplattenkäufer jünger als 35 Jahre.

Plattenspieler wieder begehrt

Auch der Absatz von analogen Plattenspielern zieht wieder an: Nach Marktdaten der gfu – Consumer und Home Electronics GmbH wurden im Jahr 2016 nicht weniger als 95.000 Geräte verkauft. Dabei investieren die Vinyl-Liebhaber im Schnitt sogar wachsende Beträge: Lag der Umsatz mit Plattenspielern im Jahr 2015 noch bei 15 Millionen Euro, so stieg er 2016 auf 20 Millionen Euro.

Man fragt sich: Was macht den Reiz der schwarzen Scheibe aus? Klingt sie wirklich besser als die CD, was viele ihrer Anhänger behaupten? Streng technisch lässt sich das kaum belegen: Die Vinylabtastung ist nun einmal mit Rauschen und Knistern verbunden, Resonanzen beeinflussen den Frequenzgang, die Trennung der Stereokanäle gelingt nicht annähernd so gut wie in der digitalen Welt.

„Akustische Magie“?

Und dennoch bleibt ein schwer erklärbarer Rest an akustischer Magie: Dass Musik von Analogschallplatten in einem tieferen, größeren Raum zu spielen scheint, dass sie luftiger durch die drei Dimensionen schwebt, ist nicht immer nur reines Vinyl-Latein. Ganz gleich, ob das so Erlebte nun näher an der akustischen Wahrheit liegt oder nicht.

Hinzu kommt natürlich der Reiz des Haptischen: Das Auspacken, Auflegen und Abspielen der großen Scheibe gleicht einer Zeremonie, die in der digitalen Welt kein Gegenstück hat. „Der Wunsch vieler stressgeplagter Menschen nach Entschleunigung drückt sich in verschiedenen aktuellen Konsumtrends aus. Die anhaltende Begeisterung für analoge Tonträger und Plattenspieler passt dazu“, interpretiert Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender der gfu, die Renaissance der Vinylkultur.

Feinmechanische Kunstwerke

Kein Wunder also, dass sich unter den Herstellern von Plattenspielern immer noch einige halten, die höchst komplexe Abspielgeräte im Gegenwert eines Kleinwagens anbieten – feinmechanische Kunstwerke auf manchmal zentnerschweren Zargen.

106.000 Plattenspieler wurden 2016 verkauft, eine Steigerung um 33 Prozent. Für dieses Jahr erwartet die Branche den Absatz von 118.000 Plattenspielern (plus zehn Prozent). Der Umsatz stieg um knapp 50 Prozent auf 23 Millionen Euro, die Prognose für 2017 liegt bei 27 Millionen Euro (+18 Prozent).

Selbst Vollsortimenter interessiert

Dabei investieren die Vinyl-Liebhaber im Schnitt auch wachsende Beträge für ihr Abspielgerät. Lag der Durchschnittspreis eines Plattenspielers im Jahr 2015 noch bei 192 Euro, so stieg er 2016 auf 216 Euro (+ 12,5 Prozent). Prognose für 2017: 230 Euro (+6 Prozent).

Es gibt aber auch wieder eine wachsende Zahl von guten Plattenspielermodellen zu überraschend günstigen Preisen, die so gut klingen, dass ihre Anschaffung auch im fortgeschrittenen Digitalzeitalter lohnt.
Selbst große Vollsortimenter unter den CE-Anbietern, die allzu schmale Marktnischen gar nicht pflegen könnten, legen nach längerer Pause wieder neue Plattenspielermodelle auf und stärken damit den Trend.

Die analoge Kette wächst

Mit den wachsenden Absatzzahlen von Plattenspielern steigen auch die Umsätze mit hochwertigem Zubehör – vor allem mit speziellen Vorverstärkern, die für eine Anpassung an moderne HiFi-Geräte sorgen. Der Hintergrund: Vinylschallplatten werden mit speziellen, normierten Frequenzgangveränderungen geschnitten.

Einerseits, um Abtastrauschen möglichst stark zu übertönen, andererseits, um Tieftonpegel moderat zu halten, damit sich der Platzbedarf für jede Rille auf der Platte in sinnvollen Grenzen hält. Zur Wiedergabe müssen diese Veränderungen wieder rückgängig gemacht werden, um Klangverfälschungen zu vermeiden. Der Fachbegriff für diesen Vorgang heißt Phono-Entzerrung.

Brücke zwischen Tradition und Moderne

Moderne Verstärker und andere HiFi-Komponenten haben aber oft keine speziellen Phono-Eingänge mehr, können also die normgerechte Phono-Entzerrung nicht leisten. Hier helfen separate Phono-Vorverstärker. Immer mehr Hersteller bauen die Phono-Verstärkerstufe auch gleich in ihre Plattenspieler ein – und kombinieren diese Elektronik manchmal sogar noch mit einem hochwertigen Analog-Digitalwandler.

Damit schlagen sie eine die Brücke zwischen Tradition und Moderne: So ausgerüstete Vinylplayer lassen sich nahtlos in komplett digitale HiFi-Systeme integrieren, sogar der direkte Anschluss an einen Computer oder einen Audio-Server wird auf diese Weise möglich.

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