Das menschliche Auge lässt sich leicht täuschen. Gestatte spaßeshalber mal einer vertrauten Person,16 bis 20 Einzelbilder pro Sekunde an Deiner Pupille vorbeirauschen zu lassen, schon assoziierst Du diesen Jahrmarkts-Trick mit Fernsehen oder Kino. Warum? Jetzt wird es medizinisch präzise: weil sich das am Sehnerv befestigte Gehirn vorgaukeln lässt, dass Bewegung im Spiel ist. Nun aber um Gotteswillen nicht am eigenen IQ zweifeln! Auf so ein „Daumenkino“ fällt nämlich jeder herein. Wer jetzt entschieden das Haupt schüttelt und „Nein“ plärrt, ist ein Lügner, Angeber oder beides! Pfiffige Zeitgenossen, die im vorigen Jahrhundert nach und nach die Hardware für das revolutionäre Medium Fernsehen austüftelten, dachten sich eine Einheit für die Anzahl von Bildern pro Sekunde – also die Bildwiederholungsfrequenz – aus: Hertz.

Am Anfang waren 50 Hz

Nicht, weil sie verkannte Romantiker waren, die an einer Rechtschreibschwäche litten, sondern um dem großartigen deutschen Physiker Heinrich Rudolf Hertz so eine Art Denkmal zu setzen. Besagtes Genie, welches – wie wir alle wissen – 1857 in Hamburg geboren wurde, gilt aufgrund seiner Arbeiten zum experimentellen Nachweis elektromagnetischer Wellen, insbesondere Radiowellen, als nahezu bedeutendster Physiker des 19. Jahrhunderts. Das erfährt man in der „Wikipedia“. Früher war irgendwie alles einfacher. Das erfährt man von mir. Da standen in jeder guten oder noch besseren Stube Schwarzweiß- oder Farbfernseher, die einheitlich 50 Hz „konnten“. Gemessen an der Qualität der Übertragungstechnik und der Leistungsfähigkeit damaliger Bildröhren reichte das, um Stimmung in Form bewegter Bilder in die Bude zu bringen. Hochauflösendes Fernsehen war noch Science-Fiction, da wurden Mitte der 1980er Jahre TV-Empfänger mit 100 Hertz angepriesen. Deutlich teurer zwar, dank verdoppelter Bildwiederholungsfrequenz allerdings auch wesentlich „angenehmer“ im Auge des Betrachters. Filme wirkten „ruhiger“, Bewegungsunschärfen waren reduziert, der „Nachzieheffekt“ bei schnellen Kameraschwenks nicht mehr so drastisch. Die gute alte Röhren-Technik funkelte in neuem Glanz. LCD-Fernseher mit bis dato nie gekannter Bildschärfe brachten hingegen nur neue Probleme. Nehmen wir an dieser Stelle Buroschs Buch über Medientechnik zur Hand: „Bei LCD-Schirmen dient die 100-Hertz-Technik einem anderen Zweck. Denn hier kommt es zu sogenannten Verschmier-Effekten bei bewegten Objekten, die auch durch kurze Reaktionszeiten nicht beseitigt werden können. Insofern halbiert man das Verschmieren mit der 100-Hertz-Technik, wobei es nicht ausreicht, die Bildfrequenz zu verdoppeln. Für einen optimalen Bewegtbild-Eindruck müssen Zwischenbilder errechnet werden, die das bewegte Objekt an einer neuen Position abbilden“. Aha! Es wurde geschummelt.

Hersteller übertrumpften sich

Schon in „Chip“ stand geschrieben, dass man sich als Kunde nicht blenden lassen soll! Das heutige Fernsehen werde in Europa in 50 Hz ausgestrahlt, einige Fernseher hätten  jedoch 600 Hz oder noch mehr. Das sei möglich, da eine verbaute Computertechnik in den Geräten digitale Zwischenbilder berechne und erstelle, wodurch Bewegungen noch flüssiger erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind. Man trickst durchaus unter dem Motto „Hertz ist Trumpf“.  Das menschliche Auge jedoch – jenes Organ, das sich so leicht täuschen lässt – ist schnell überfordert. Beim Sprung von 50 auf 100 Hz funkt es noch „Ah!“ an das Gehirn, zwischen 100 und 200 Hz erkennt es höchstens einen winzig kleinen Unterschied, dann kapituliert es stillschweigend. Wie soll es sich auch artikulieren, das kleine dumme Ding? Wer Filme in 3-D-Technik genießen will, muss wegen der geteilten Anzahl der Bilder, die getrennt auf das linke, bzw. rechte Auge „abgefeuert“ werden, über ein TV-Gerät mit mindestens 200 Hz verfügen. Bei HD und erst recht bei Ultra-HD und 4K-Technik muss man sich keinerlei Sorgen machen. Charmant täuschen lassen, künstliche Zwischenbilder tolerieren und mit Herz und Verstand genießen – so lautet die Devise!

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