Also ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – aber wenn mich jemand „lieber Herr Metterlein“ nennt, dann ahne ich schnell, dass gleich noch ein Hammer kommt. In der Regel stelle ich mir einen seriösen Herrn vor, der vor einer Bücherwand an einem Schreibtisch sitzt, mahnend den Zeigefinger hebt und mich in ausgesucht freundlichem Tonfall rügt.
So wie zum Beispiel Herr Hans-Jürgen Michelsen aus Berlin, seineszeichens Inhaber des Studio Hifiprivat, der auf die von mir in reiner Unschuld und Naivität gestellte Frage „Warum sind Mehrkanal-Receiver auf einmal nicht mehr salonfähig?“ wie folgt antwortete:
Plädoyer für „richtige“ Anlage
„Sind sie doch, aber das eine hat nichts mit dem anderen zu tun! Ich werte Ihre provokante Frage als Nichtwissen, was in der High-End Stereofonie möglich ist. Das ist aber nicht schlimm, da es Ihnen aufgrund ihres jungen Alters ganz offensichtlich an Erfahrung mangelt. In einem solchen Forum (gemeint ist Ultra-HDTV.net) würde ich aber künftig etwas vorsichtiger sein, um sich nicht Peinlichkeiten auszusetzen.
Ich mache es kurz: ich bin Besitzer einer nativen DOLBY Atmos-Anlage für fesselnde Kinodarbietungen (ARCAM AVR 550/P429; CAMBRIDGE CXUHD, VELODYNE digital 12 plus, 5 LINDEMANN Keramik-Hauptlautsprecher, 6 CANTON Surround (hinten) und Decke, LG OLED 65“).
Reinrassig aus gutem Grund
Aber um Musik zu genießen, benutze ich AUS GUTEM GRUND eine reinrassige Stereo-Anlage aus Vorstufe LINDEMANN musicbook 15 und zwei zu mono gebrückten Endstufen LINDEMANN musicbook 55. Streaming mit Lindemann „limetree“ network, Schallplatte mit Brinkmann „OASIS“, Arm 10.5 und Ortofon CADENZA black. Phonovorstufe NAGRA BPS. Warum?
Weil ich keinen Mehrkanal-Receiver kenne – selbst nicht die teuersten, die auch nur näherungsweise das Niveau der Lindemann Anlage erreichen! Auch wenn mein ARCAM in Sachen Stereo (und auch sonst) die beste Figur macht – nach leidvollen Experimenten mit z.B. Marantz, Denon oder Onkyo (letzterer besonders schrecklich) – so wird die atemberaubende Klangschönheit der LINDEMANN Anlage bei weitem nicht erreicht.
„Eine folgerichtige Entwicklung“
Und da in Zeiten der Schallplatten-Renaissance und HiRes digital wieder Stereoverstärker nachgefragt werden, so ist das nur eine folgerichtige Entwicklung. Eben für die genussreiche Musikwiedergabe – nicht mehr und nicht weniger, aber für Kino in „nur“ Stereo auch.
Wie auch immer, ich bin ihrem Ultra-UHDTV.net newsletter seit Jahren treu und freu mich immer über Informationen und das ist gut, WEITER SO! Und Sie, lieber Herr Metterlein, erhalten hiermit eine wirklich ernstgemeinte Einladung, sich von meinen Darstellungen PERSÖNLICH in Berlin zu überzeugen“.
Asche auf mein Haupt!
Irgendwie stehe ich jetzt aber schon da wie der Ochse vor dem Berg, oder? Herr Michelsen hat hochprofessionell eine Wissenslücke aufgedeckt, für die ich mich in aller Form schäme: Ich kannte die Firma Lindemann bislang nicht! Dank Internet-Recherche bin ich inzwischen einigermaßen auf dem Laufenden.
Zur Entschuldigung führe ich an, dass es eben vielleicht doch so sein könnte, wie ich es, ähm, „angeprangert“ habe: immer mehr kleinere, unbekannte Manufakturen siedeln sich auf dem Markt an und verlangen der interessierten Kundschaft eine gewaltige Menge an Fach- und Expertenwissen ab.
Preise sind jenseits von heiß
Außerdem heben sie sich preislich extrem von Produkten bekannter Marken ab und finden dennoch eine treue Anhängerschaft. Siehe die Firma Lindemann. Nur so zum Spaß habe ich einmal ein bisschen recherchiert, was sehr geehrte Herren wie Hans-Jürgen Michelsen so „abdrücken“ müssen, um ihre Vorstellung einer perfekten Anlage zu realisieren:
- Arcam AVR550 Heimkino-Receiver: ca. 3600 Euro
- Arcam P429 4-Kanal Endstufe: ca. 2000 Euro
- Cambridge CXUHD 4K UHD Universal-Blu-Ray-Player: ca. 900 Euro
- Velodyne Digital Drive Plus 12 Subwoofer: ca. 5000 Euro
- 5 Lindemann Keramik-Standlautsprecher BL-25: ca. 9900 Euro (pro Stück)
- 6 Canton Dolby Atmos-Lautsprecher: ca. 900 Euro
- Stereo-Vorstufe Lindemann Musicbook 55: ca. 1600 Euro
- 2 Stereo-Endstufen Lindemann Musicbook 55: ca. 3200 Euro
- Lindemann Limetree Hi-Res Audioplayer mit DAC: ca. 900 Euro
- Plattenspieler Brinkmann Oasis + 10.5: ca. 16.000 Euro
- Tonabnehmer Ortofon Cadenza Black: ca. 2250 Euro
- Phono-Vorstufe Nagra BPS: ca. 2300 Euro
Da kann es schon mal vorkommen, dass Hinz, Kunz oder Metterlein kneifen und sich nach preiswerteren Lösungen umsehen. Und dann haben speziell die Damen und Herren von der Fachpresse die Pflicht, ihre Veröffentlichungen dem allgemeinen Interesse der potentiellen Käuferschaft anzupassen. Blödes Beispiel: wenn man – wie geschehen – die Sparte Mehrkanal-AV-Receiver einfach streicht, wäre das so, als ob in Auto-Zeitungen von heute auf morgen keine Familien-Kombis mehr erwähnt würden.
In diesem Sinne bedanke ich mich wirklich von ganzem Herzen für die klaren Worte bei Ihnen, Herr Michelsen. Einen „Fehler“, den ich in Ihrem Schriftstück fand, verzeihe ich wohlwollend: ich bin kein junger Hüpfer, sondern ein 60-jähriger Friedhofs-Anwärter, der vielleicht doch bald auf das Abstellgleis rangiert werden sollte.