Wer sich für Kopfhörer aller Bauarten und Funktionsweisen interessiert, wird von den Bestenlisten in einschlägigen Fachzeitschriften angezogen wie eine Motte vom Licht. Denn dort sind sie alle aufgeführt, die Champions in der Einstiegs-, Ober- und Spitzenklasse.

Nur noch getoppt von den „Referenzklasslern“, die zum Beispiel Abyss AB 1266 Phi oder Final Sonorus X heißen und trotz gepfefferter UVPs von 5000 beziehungsweise 4600 Euro im Preis/Leistungsverhältnis ein „angemessen“ zugesprochen bekommen.

Der Ausreißer in der Spitzenklasse

In der Spitzenklasse tummeln sich nicht wenige In- oder Over-Ear-Kopfhörer mit oder ohne Kabel, für die an der Kasse 600 Euro fällig werden. In der jüngsten Ausgabe des Magazins Ear In hielt ich deshalb die Spitzenklasse-Note 1,3 für einen mir völlig unbekannten SoundMagic HP151 zum Preis von nicht einmal 150 Euro zuerst für einen Druckfehler und nahm das Exemplar genauer unter die Lupe.

Geliefert wurde ein ordentlicher Karton, in dem sich ein solide gefertigtes Hardcase befand, das den Großmeister zum kleinen Preis barg. Recht vorsichtig (bei so preiswerten Produkten weiß man ja nie) entnahm ich das Modell mit der Bezeichnung HP151 und war sogleich auf das Angenehmste überrascht.

Kunststoff muss kein billiges Plastik sein

Kunststoff – gewiss. Jedoch kein billiges Plastik, sondern hochwertiges Material, das ich zum Beispiel auch aus den Manufakturen von AKG, Sony, Pioneer oder Teufel kenne. Trotz flexibler Gelenke klappert oder quietscht nichts. Wie heißt es so schön? Alles sitzt, wackelt und hat Luft!

Selbst mit meiner ausgeprägt voluminösen Rübe fand ich beim ersten Aufsetzen keinen Grund zum Zetern oder Klagen – der Verstellmechanismus dürfte locker sogar für einen ausgewachsenen Gorillaschädel passen, alle Justierungen gehen geräuschlos über die Bühne, die Haptik vermittelt den Eindruck, ein für die Ewigkeit gebautes Gerät in den Händen zu halten.

288 Gramm sind kaum spürbar

Hat man sich den SoundMagic erst einmal über die Birne gestülpt, macht sich darin ein wohliges Gefühl der Stille breit. Schließlich handelt es sich um eine geschlossene Konstruktion, da braucht es im Normalfall kein Noise Cancelling.

Wie schwer das faltbare Ding ist (288 Gramm), interessiert eigentlich gar nicht, denn der HP151 ist nach ein paar Minuten der Eingewöhnung faktisch nicht mehr spürbar. Er drückt nicht, verrutscht nicht und bietet aufgrund seiner 53-Millimeter-Treiber selbst großen Lauschern viel Komfort.

Von wegen „austauschbares Kabel“!

Die Ohrpolster sind weich und anschmiegsam, die Kabelzuführung ist an der rechten Kapsel angebracht und mit dem Prädikat „austauschbar“ bedacht. Allerdings, dünkt mir,  haben sich die Entwickler diesbezüglich selbst ein Bein gestellt.

Freilich dürfen sie betonen, dass es möglich ist, das Kabel zu tauschen. Doch sollten sie nicht vergessen, ihren ungewöhnlichen Sicherungsmechanismus zu erwähnen, der das versehentliche Herausrutschen der Leitung verhindern soll.

Mehr Flexibilität wäre gut

Der taugt prima für die Original-Strippe, ist aber leider nicht geeignet, um normale, hochwertige 3,5-Millimeter-Klinken-Kabel – zum Beispiel von Ultra-HDTV – zu verwenden. Und weil wir gerade beim Thema Original-Kabel sind: hier hätte ein wenig mehr Flexibilität gut getan.

Die schwarze, billig wirkende Kunststoff-Umhüllung ist ebenso wenig Spitzenklasse-tauglich wie anpassungsfähig und nervt oft durch merkwürdige Schleifen, die sie wie von Zauberhand selbst konstruiert. Doch was soll´s? Entscheidend ist der Klang – und den testete ich ausgiebig.

Angeblich sagenhafte Bässe

Da dem Kopfhörer aus dem Reich der Mitte sagenhafte Bässe nachgesagt werden, griff ich gleich zum ganz großen Besteck: Toccata & Fugue von Johann Sebastian Bach, gespielt von Marie-Claire Alain auf der größten Kirchenorgel der Welt, die im Dom zu Passau zu finden ist.

Eigentlich ist die Reproduktion ihres sprichwörtlich umwerfenden, natürlichen Klanges unmöglich, denn so viel Infraschall, wie Niederbayerns größte Pfeifen (also die in der Orgel natürlich) verbreiten, muss man selbst erlebt haben, bevor man ehrfürchtig das Haupt senkt.

Tief hinab in den Keller

Andererseits wäre es eigenartig, wenn beim Einsatz eines Kopfhörers plötzlich die Hosenbeine flattern würden – deswegen machen wir es kurz: Der SoundMagic HP151 leistet Großartiges. Geht tief mit in den Keller hinunter, strahlt enorme Räumlichkeit aus und tiriliert bis in die höchsten Tongefilde.

Ich greife zu Joe Cocker´s CD „Sheffield Steel“. Der erste Track „Look What You´ve Done“ ist puristisch und großartig. Der Meister krächzt herzerweichend schön, der E-Bass dominiert den Song wuchtig und knochentrocken, die Snare haut mächtig rein, ohne zu nerven.

Nichts brummt oder sägt in den Gehörgängen

Spätestens jetzt müsste man klangliche Makel vermelden – wenn es welche gäbe! Doch weder wirkt die Basswiedergabe unnatürlich oder aufgeblasen, noch schneiden die hohen Töne der Becken in den Ohrwascheln und die Mitten sind einfach da, wo sie hingehören.

Nächster Auftritt: Harry Belafonte in der Carnegie-Hall. Ein Live-Mitschnitt aus dem Jahr 1959 der eindrucksvoll beweist, dass es längst vor der Etablierung digitaler Studiotechnik und Hi-Res-Aufnahmen begnadete Ton-Ingenieure gab, denen es gelang, mit ein paar Mikrofonen einzigartige Atmosphären einzufangen.

Bei Matilda sitzt man in der ersten Reihe

Belafonte ist in Hochform. Macht aus dem Konzert ein Spektakel, indem er mit Musikern und Publikum blödelt, zum Mitsingen animiert, amüsante kurze Geschichten erzählt und natürlich Hits wie den Bananaboat-Song, Sylvie oder Jamaica Farewell beeindruckend performed.

Höhepunkt dieser LP ist jedoch die ellenlange Version von Matilda. Das Publikum mutiert zur klatschenden Rhythmus-Sektion, die Bläsersätze sind scharf und präzise und unter dem SoundMagic sitzt man in der ersten Reihe. Verblüffende Tiefenstaffelung, enorm lebendige Räumlichkeit. Hut ab!

Enorm wuchtiger Prog-Metal

Ich werfe „Images and Words“ von Dream Theater in den CD-Schacht und plärre bei „Pull Me Under“ begeistert mit. Dieses teils jazzig angehauchte Prog-Metal-Album der New Yorker, die allesamt das Berklee College of Music besuchten, präsentiert sich von seiner besten Seite.

John Petrucci jagt in sagenhaftem Tempo über einen Parcours kompliziert struktuierter Gitarren-Soli, Mike Portnoy hält locker mit und stellt seinen legendären Ruf als virtuoser Power-Drummer unter Beweis. John Myung holt fast exotische Klänge aus seinem fünfsaitigen Bass, Keyboarder Kevin Moore zaubert schlicht und einfach. Erst nachdem der letzte Ton des elfeinhalb-minütigen „Learning To Live“ verklungen ist, erwache ich aus einem schönen Tagtraum.

Der erste „Ultra-HDTV Champion“

Ich muss ein Fazit ziehen: der SoundMagic HP151 ist ein erstklassig klingender geschlossener Kopfhörer, den es für 150 Euro eigentlich gar nicht geben dürfte. Die Konstruktion ist klassisch, alle verwendeten Materialien sind und wirken hochwertig.

Mit einer Impendanz von 32 Ohm und einem Wirkungsgrad von 95 dB ist er für „normales“ und mobiles HiFi oder auch für das Studio geeignet. Geliefert wird er mit Hardcase, 6,3-Millimeter Adapter und Flugzeug-Adapter. Der SoundMagic HP151 ist würdig, als erstes Gerät das soeben neu eingeführte Güte-Siegel „Ultra-HDTV Champion“ zu tragen. Herzlichen Glückwunsch und ein aufmunterndes weiter so!

 

Erik Schäffer von der KS-Distribution Marketing-Abteilung ließ uns eine wichtige Information zukommen: „Der von Ihnen kritisierte Verschluss ist einer höheren Stabilität geschuldet. Im Heim-Umfeld ist dies sicher zu vernachlässigen – im Studio-Umfeld hingegen absolut gängig. Produkte von AKG (K271/K241) oder auch Shure (SRH 880, SRH 440) arbeiten ebenfalls mit einem Einrast-Mechanismus. Insofern kann man hier von subjektiven Präferenzen sprechen.

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