Manchmal kratzt sich unsereiner durchaus am Kopf und denkt sich ganz leise „die spinnen doch!“ Ursache für plötzlich juckende Stellen unter dem Haaransatz sowie die kollektive Beleidigung einer ganzen Branche der Unterhaltungs-Elektronik sind harmlos daher kommende Presse-Meldungen, in denen Hersteller ihre Spitzenprodukte vorstellen. So wie neulich, als Samsung den SUHD Curved TV UE88KS9890 präsentierte: einen High-End 4K-Fernseher mit 88 Zoll Diagonale zum Preis von 19999 Euro!

Wer, zum Kuckuck, kauft solche Jumbo-TVs? Und sollte der sich eigentlich nicht schämen und zugeben, dass er bloß ein versnobter Angeber ist? Ein zweischneidiges Schwert. Als Technik-Freaks sind wir von Ultra HDTV natürlich alldieweil begeistert, stellen solche Highlights ins pralle Rampenlicht, preisen steten Fortschritt, loben hohe und höchste Standards, erstellen sogar Charts in der Rubrik „Beste Fernseher“ oder dergleichen.

Auf der anderen Seite haben manche unserer Leser nicht völlig Unrecht, wenn sie Kritik üben und die Frage stellen: „Wer braucht so etwas überhaupt?“ HDR zum Beispiel? Zurzeit ein ganz heißes Eisen! Oft verwendete Floskel: In ein paar Monaten wieder ein alter Hut – und was kommt danach? Oder, präziser formuliert: „Wie wird man dann versuchen, dem unbescholtenen Bürger sein sauer verdientes Geld abzuknöpfen?“

Ultra HDTV wird am Ball bleiben

Ganz ehrlich – wir wissen es nicht, werden aber mit hundertprozentiger Sicherheit wieder mit von der Partie sein, wenn es darum geht, neueste Innovationen in allen Einzelheiten zu erläutern bzw. zu durchleuchten, ohne die Preisgestaltungspolitik auf einem freien Markt anzuprangern.

Grund genug für manch skeptischen Verbraucher, uns Journalisten und Redakteuren pauschal zu unterstellen, mit den Herstellern unter einer Decke zu stecken. Wir würden geschmiert, bestochen, bekämen alles umsonst, seien gar am Umsatz beteiligt. Übelste Gerüchte, eigentlich schon Stoff für Verleumdungsklagen, doch wir haben uns an den Leidensdruck gewöhnt und ertragen unser Schicksal in Demut. Amen.

Weshalb wird eigentlich nicht gemeckert, wenn ein neuer Super-Porsche oder Luxus-Mercedes rauskommt? Hunderttausend Euro oder mehr? Sehr selten werden Adjektive wie „überteuert“, „dekadent“ oder „unwirtschaftlich“ verwendet. Höchste Qualität rechtfertige den Preis, der „Neue“ habe außerdem viel mehr unter der Haube als der Vorgänger, von der Klima-Automatik bis hin zur 360-Grad-Rundumsicht dank eingebauter Kameras sei alles an Bord – und überhaupt dürfe man ja die immensen Entwicklungskosten nicht vergessen! Welche Fahrzeuge sind regelmäßig die Stars der IAA in Frankfurt? Die umweltfreundlichen Sprit-Sparer, Elektro- und Hybrid-Kleinwagen oder die zu Blech gewordenen Träume aus Bella Italia und Germany mit deutlich mehr als 400 PS und einer Extraportion Bling Bling? Na also.

So sah der Champion des Jahres 2009 aus: der Metz Primus 55 Zoll für 5600 Euro

Da werden es sich Samsung, LG, Sony, Panasonic oder Philips doch ebenfalls leisten dürfen, die Zügel zu lockern und zu demonstrieren, was möglich ist, um branchenintern und natürlich beim potentiellen Kunden eindrucksvolle Visitenkarten zu hinterlassen. Den großen Reibach macht man mit solchen Nischenprodukten ganz gewiss nicht. Das „tägliche Brot“ sichern Geräte, die eher im mittleren Preissegment angesiedelt sind und mit einer gewissen Selbstverständlichkeit jeden Tag über die Ladentheke wandern.

Als die ersten Vorführungen von HDTV-Fernsehgeräten das Highlight der Funkausstellung 1985 waren, hielt sich die Begeisterung auf Seiten der Besucher stark in Grenzen. Wer sich näher mit der Technik befasste staunte nicht schlecht, als er erfuhr, dass in Deutschland – einst Wiege der Television – bereits seit 1940 an Lösungen zur Realisierung eines hochauflösenden Fernseh-Formats gebastelt wurde. Aber zigtausend D-Mark in dermaßen riesige, Kühlschrank-ähnliche Kisten investieren wollte fast niemand. Man stufte die HD-Technik als eine Art Leistungsschau der Elektronik-Industrie ein und hakte sie gleichzeitig wieder ab, da es weit und breit keine Sender gab, die Millionensummen in die neue Übertragungstechnik investieren wollten. Flachbildschirme waren Utopie, es sollte noch gut 20 Jahre dauern, bis das „Zukunftsfernsehen“ aus dem Dornröschenschlaf erwachte. Die Reihen einst legendärer deutscher Anbieter wie AEG-Telefunken, Blaupunkt, Nordmende, Grundig und Saba waren stark ausgedünnt. Im Wettbewerb mit Asien tummelten sich lediglich noch Technisat, Loewe und Metz auf dem Schlachtfeld. Und gaben ganz schön Zunder!

Metz zeigte die Zähne

Vor allem die 1938 von Paul Metz in Fürth (Bayern) gegründete, gleichnamige Firma zeigte bei der IFA 2009 mit den nagelneuen Modellen „Primus“ und „Talio“ die Zähne. Den Metz Primus gab es mit 32- oder 37-Zoll-Bildschirm und einer Auflösung von 1366×786 Pixel. TV-Bilder in HD-Qualität waren über Kabel und Satellit empfangbar. Für diese Zeit unendlich viele Anschlussmöglichkeiten boten drei HDMI-Buchsen, eine DVI-Schnittstelle sowie ein USB- und ein Kopfhöreranschluss. Fotos im JPEG-Format ließen sich vom Camcorder auf den Bildschirm holen.

Wer Pay-TV sehen wollte, verwendete die beiden Einschübe für Smart Cards. Für den Empfang von Radiosendern schaltete sich der Bildschirm automatisch ab. Das integrierte Soundsystem „SRS WOW“ verfügte über ein Zwei-Wege- sowie ein Bassreflex-System. Die heimische Musikanlage fand über Mehrkanalton-Buchsen Anschluss. So viel Luxus war nicht billig: in Schwarzblau oder Silber kosteten die Talio-HDTV-CTS2-Geräte 1999 Euro (32-Zoll-Modell) beziehungsweise 2399 Euro (37 Zoll).

Der „Primus“ glänzte mit Full-HD-Bildschirmauflösung von 1920×1080 Pixel sowie einem digitalen Kabelempfänger. Die Bilddiagonale betrug 106 Zentimeter. Ein Bassreflex-System zeichnete für den Sound verantwortlich. Per DVI-I-Schnittstelle ließ sich der LCD-TV an einen Computer anschließen. Weiterhin standen drei HDMI-Buchsen sowie Anschlüsse für USB, AV-Receiver, Camcorder und Kopfhörer bereit. Dank CA-Modul zeigte sich der Primus auch für den Empfang von Bezahlfernsehen gerüstet. Bedient wurde er entweder per Fernbedienung oder direkt über Sensorfelder am Gerät.

Mit Aluminiumsockel kostete der Primus 42 FHDTV 100R 4499 Euro. Beim Topmodell, dem Primus 55 FHDTV 200 twin r, setzte Metz auf LED-Backlight, anstatt der bisher üblichen CCFL-Röhren. Die LEDs waren in 80 Zonen angeordnet und konnten lokal gedimmt, bzw. ein- und ausgeschaltet werden, wodurch ein besonders gutes Kontrastverhältnis erreicht wurde. Für weniger Bewegungs-Unschärfe bei Kameraschwenks wurde 200Hz-Technik verwendet. Auf der integrierten 500-GByte-Festplatte ließen sich Sendungen in SD (rund 500 Stunden) oder HD (etwa 100 Stunden) aufzeichnen und wiedergeben. Verkauft wurde das technische Novum für knapp 5600 Euro, der passende Standfuß kostete einen Tausender extra.

Auf dem Holzweg oder nicht?

Fassen wir zusammen: vor sieben Jahren schlug ein Full-HD-High-Tech-TV mit 55 Zoll mit 5600 Euro zu Buche. Heute muss man für einen solide ausgestatteten 4K-Fernseher etwa 600 Euro berappen. Wer ist nun auf dem Holzweg? Der ewige Skeptiker oder der leidenschaftliche Technik-Freak?

Wir wollen uns nicht unterstellen lassen, betriebsblind oder beratungsresistent zu sein und werden deshalb eine Serie starten, die man – wenn man ganz streng sein möchte – mit der Überschrift „Vernünftige 4K-TVs“ versehen könnte. Zwar höre ich schon irgendwie Stimmen, die „wieso 4K? Reicht nicht auch Full-HD?“ rufen, doch lasse ich mich wie einst der Prophet in der Wüste nicht beirren und wandele strikt auf dem bei Ultra HDTV eingeschlagenen Pfad. Im festen Glauben daran, dass der Weg das Ziel und 4K lediglich eine weitere Station ist. Eine konsequente Folge des HD-Booms und des hochauflösenden Fernsehens, die Standard wird. Oder kennt noch jemand jemanden, der sich einen dicken Röhren-TV mit 70-Zentimeter-Gucklock wünscht?

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