Wohl wissend, dass ich jetzt vielen Heimkino-Fans das Kraut ausschütten werde, komme ich nicht umhin, jetzt, hier und heute an dieser Stelle wutentbrannt HDR und seine Neben- und Auswirkungen anzuprangern! Ausgerechnet bei Ultra-HD-Blu-rays ärgere ich mich am häufigsten maßlos über diese verfluchten Experimente mit hoch-, höher- und höchstauflösenden Kontrasten im Zusammenwirken mit immer mehr darstellbaren Graustufen, die „dank“ HLG (Hybrid Log Gamma) auf den Bildschirm gezaubert werden können.
In gesegneten Zeiten wie diesen, in denen längst Filmkameras im Einsatz sind, die 4K quasi schon hinter sich haben und mit denen es ein Leichtes wäre, wunderbar farbige, detailreiche, sonnendurchflutete Epen aus allen Genres zu drehen, macht sich Dunkelheit und depressive Stimmung breit.
Schlechte Beispiele und ihre Folgen
Höchstwahrscheinlich sind es die Bosse von Filmstudios, die den für sie arbeitenden Regisseuren befehlen, die „Vorteile“ von High Definition Range stets artig in Szene zu setzen und ja nicht zu vergessen. Seitdem wird es im Heimkino zappenduster.
Beispiel: „The Revenant“ mit Leonardo di Caprio: der Oscar-prämierte Mime krabbelt blutverschmiert in erdfarbenen „Gewändern“ und mit viel Dreck im Gesicht bei anhaltendem „Sauwetter“ vielerlei Gefahren aus dem Weg, der Zuschauer ist gezwungen, mit zu krabbeln und schlecht zu sehen.
Wolkenstrukturen als Qualitäts-Merkmal?
Regisseur Alejandro González Inárritu hielt es ganz gewiss für eine prima Idee, überwiegend im Morgengrauen beziehungsweise in der Abenddämmerung und Nacht die Klappe fallen zu lassen und wir als Opfer sollen gefälligst genau hinschauen und begeistert zur Kenntnis nehmen, dass am mäßig vom Zentralgestirn erleuchteten Firmament Wolkenstrukturen zu erkennen sind, die man ohne HDR nicht sehen könnte.
Nachträglich „versaut“ wurden teilweise auch die vier Teile von „Die Tribute von Panem“. Dunkle Szenen wurden – angeblich um „Atmosphäre“ zu schaffen – nachverdunkelt, was zur Folge hat, dass selbst sehr schnell interpolierende High-Tech-Fernseher an ihre Grenzen geraten und sogar nur mäßig bewegte Szenen plötzlich verwischt und unscharf daher kommen.
Selbst Innenräume bleiben duster
„Arrival“ wäre noch ein „wunderbarer-er“ Streifen, wenn nicht auch hier diese HDR-Verbohrtheit zum Tragen käme. So gut wie nie Tageslicht oder normale Szenen in durchschnittlich hellen Innenräumen, sondern ununterbrochen flau wirkende Kontraste kurz vor oder nach Sonnenaufgang – zum Kotzen!
Die Vorzüge hochauflösender Kameras und Objektive kommen nicht zur Geltung, sie werden auf beinahe bösartige Weise ignoriert. Die Tatsache, dass man aufgrund hoher Lichtstärke der Optiken und immenser ISO-Empfindlichkeit der Aufnahme-Geräte selbst bei schwierigen Lichtverhältnissen noch arbeiten kann, kommt dem Laien spanisch vor, so lange es Wettbewerbe zu geben scheint, bei denen Regisseure und Kameraleute den Ehrgeiz entwickeln, unter – was die Beleuchtung angeht – möglichst miserablen Umständen „kreativ“ zu werden.
Nur totale Verdunklung bringt Besserung
Sitzt man in einem normalen Wohnzimmer vor dem Ultra-HD-TV, ärgert man sich wegen verwaschener Farben, Bewegungsunschärfen sowie fehlender Schwarzwerte grün und blau. Bedingungen wie im Kino würden Abhilfe schaffen – aber wie viele Leute haben schon eigene Räume, die „abschottbar“ und lichtdicht sind?
Und wen überkommt die Lust, ständig die Jalousien runterzulassen und alles zu verrammeln, wenn er sich lediglich einen Film ansehen will? Zusammengefasst führt mich das zu einem dringenden Appell an alle Film- und Fernsehschaffenden da draußen:
Sorry für hochkontrastigen Stil
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es kapiert – HDR kann eine tolle Sache sein, darf aber nicht zur Bedingung werden. Machen Sie es sich bitte nicht zur Lebens-Aufgabe, in Finsternis und Zwielicht zu drehen und seien Sie sich gewiss, dass Landschaften selbst dann wunderschön sind, wenn man nicht dauernd gegen die Sonne arbeitet. Wir haben gesehen, was technisch möglich ist und langsam die Schnauze voll.
Entschuldigen Sie bitte den hochkontrastigen Stilwechsel in diesem Artikel, aber der Autor hat schon viel zu viele Grautöne in sich aufgesogen und spürt bereits die dunkle Seite der Macht. Mit sonnigen Grüßen – und so weiter.